Ist das Baby sechs Monate alt, wird es allmählich an feste Nahrung gewöhnt. Nach dem Start mit Gemüsebrei ergänzen Getreidebreie den Speiseplan des Säuglings. Eine neue EU-Regelung zur Beikost schreibt seit Juli dieses Jahres genau vor, wieviel Vitamine, Mineralstoffe, Fett und Kohlenhydrate ein Brei enthalten muß.
Nach dem sechsten Monat reicht Muttermilch allein nicht mehr aus, um den Energie- und Nährstoffbedarf des Säuglings zu decken. Schritt für Schritt wird nun eine Milch- durch eine Breimahlzeit ersetzt. In der Regel bekommt das Baby zuerst einen Gemüse-Kartoffelbrei, der vor allem Eisen, Zink und die Vitamine A, B1, B6 und C liefert. Anschließend ergänzen zwei verschiedene Getreidebreie die Nährstoffversorgung. Der Vollmilch-Getreidebrei sorgt vor allem für ausreichend Calcium, andere Mineralstoffe und B-Vitamine, während der milchfreie Getreidebrei Nährstoffe liefert, ohne die kindlichen Nieren durch zuviel Eiweiß zu belasten.
Für die ersten Getreidebreie eignet sich vor allem Hafer, da er von den Säuglingen gut vertragen wird und einen hohen Gehalt an Nährstoffen wie Vitamin B1, Eisen und Calcium hat. Für allergiegefährdete Säuglinge sind Breie aus Dinkel oder Reis sinnvoll, während bei vegetarisch ernährten Kindern eisenreiche Getreidearten wie Hafer, Hirse oder Roggen zu bevorzugen sind. Auf die insbesondere in Naturkostläden und Reformhäusern angebotenen Pseudo-Getreide wie Buchweizen, Quinoa oder Amaranth sollten Eltern besser verzichten. Sie enthalten für den Säugling eventuell gesundheitsabträgliche Substanzen oder hemmen die Verfügbarkeit von Mineralstoffen, Vitaminen und Proteinen, wie die Gerbstoffe von Amaranth. Inwieweit diese Substanzen durch Schälen, Kochen oder Waschen entfernt werden, ist derzeit noch nicht eindeutig geklärt. Auf glutenhaltiges Getreide im ersten Lebensjahr sollte sicherheitshalber dann verzichtet werden, wenn in der Familie bereits Zöliakie vorkommt. In den ersten zwölf Lebensmonaten ist auch unerhitztes Getreide z. B. in Form von Frischkornbrei ungeeignet. Rohes Getreide ist für den kindlichen Magen-Darmtrakt noch zu schwer verdaulich und kann zudem mit Keimen belastet sein.
Konventionell hergestellte Vollmilch-Getreide-Breie enthalten den nötigen Milchanteil meist in Form von Magermilch- oder Molkenpulver, und es muß nur heißes Wasser zugefügt werden. In der Zutatenliste finden sich zudem eine ganze Reihe unnötiger Zusätze, z. B. gefriergetrocknetes Obstpulver, Emulgatoren oder Vitaminmischungen. Als Getreidegrundlage dient häufig ausgemahlenes Mehl, z. B. geschälter Reis. Das breit angelegte Sortiment verleitet viele Eltern dazu, dem Säugling eine viel zu abwechslungsreiche Ernährung anzubieten, z. B. Breie mit Stracciatella- oder Apfelstrudel-Geschmack. Steht auf der Verpackung "kristallzuckerfrei" so bedeutet dies nur, daß kein üblicher Haushaltszucker verwendet wurde; andere Süßungsmittel, wie Maltose oder Fruktose können durchaus enthalten sein. Auch Honig und Apfel- oder Birnendicksaft sind in Getreidebreien völlig überflüssig. Vermieden werden sollten auch Zutaten wie Aromen, Kakao, Nüsse oder Gewürze. Sie erhöhen lediglich das Risiko für eine Allergie.
Der milchfreie Getreide-Obst-Brei wird statt mit Milch mit Wasser, Obstmus und etwas Butter zubereitet. Als Obst eignen sich besonders heimische Sorten wie Apfel oder Birne. Als Getreidegrundlage kann man die gleichen Trockenmischungen wie beim Milchbrei verwenden oder auf verzehrfertige Mahlzeiten im Gläschen zurückgreifen. Dann sollte aber darauf geachtet werden, daß nur die notwendigen Zutaten, das volle Korn und keine Zusätze wie Zucker oder andere Süßungsmitteln enthalten sind. Auf Nummer sicher gehen Eltern mit Produkten aus dem Naturkostladen oder Reformhaus. Sie enthalten keine überflüssigen Zusätze und ausschließlich Bio-Zutaten.
Die Richtlinie gibt z. B. für Vitamin B1 im verzehrfertigen Produkt einen Mindestgehalt von 100 Mikrogramm je 100 Kilokalorien vor. Durch den natürlichen Gehalt der Zutaten kann dieser Wert jedoch nicht erreicht werden. Getreidebreien muß daher seit dem 1. Juli 1999 grundsätzlich synthetisches Vitamin B1 zugesetzt werden. Auch Bio-Anbieter sind entgegen ihrer Firmenphilosophie gezwungen, ihre Produkte mit Vitaminen anzureichern. Auch Vollmilch dürfen sie nicht mehr für ihre Breie empfehlen, weil dann die verordnete Höchstmenge von 3,3 Gramm Fett je 100 Kilokalorien im verzehrfertigen Brei überschritten wird. Industrielle Produkte können diese Vorgaben durch die Verwendung von Milchpulver und der entsprechenden Wasserangabe bei der Zubereitung einhalten. Um den geforderten Fettgehalt nicht zu überschreiten, werden Bio-Anbieter wahrscheinlich empfehlen, eine Mischung aus 160 ml Vollmilch und 40 ml Wasser zur Breizubereitung zu verwenden. Fertige Milchbreie in Gläschen müssen zudem zusätzliche Gehalte an Vitamin A und D vorweisen. Diese Produkte sind aber ausschließlich bei konventionellen Anbietern erhältlich.
Bis zum 1. Juli 1999 hergestellte Babynahrung darf bis zum Ende ihres Haltbarkeitsdatums verkauft werden. Die neuen vitaminierten Produkte kommen frühestens im September oder Oktober dieses Jahres in den Handel. Es ist allerdings damit zu rechnen, daß die Richtlinie wieder korrigiert wird. Nach Auskunft von Dr. Mathilde Kersting vom Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund kamen die neuen Vorschriften durch falsche Berechnungen zustande. Der wissenschaftliche Lebensmittelausschuß der EU hatte als Richtwert für Beikost den Vitamin-B1-Gehalt von Vollkornweizen vorgeschlagen, bezogen auf das trockene Produkt. In der Richtlinie ist als Bezugsgröße aber der verzehrsfertige Brei verwendet worden. Aus diesem Grund kann selbst bei Vollkorn der vorgeschriebene Vitamingehalt nicht erreicht werden. Für überflüssig hält die Wissenschaftlerin auch die Vorschrift, Kindersäfte zusätzlich mit Vitamin C anzureichern oder den Fettgehalt so zu reduzieren, daß keine Vollmilch mehr verwendet werden darf. Das Forschungsinstitut für Kinderernährung empfiehlt entgegen der neuen Richtlinien daher weiterhin die Verwendung von Vollmilch für die Zubereitung von Milch-Getreide-Brei.
Quelle: Lange, M.: UGB-Forum 4/99, S. 207-208
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